bioregionale landwirtschaft

Unsere Lebensmittel sind teurer als es das Preisschild vermuten lässt. Denn neben dem Einkaufspreis im Supermarkt zahlen wir alle – über Steuern und Abgaben – für Umweltschäden und soziale Folgen, die durch die industrielle Landwirtschaft entstehen. Diese „versteckten Kosten“ summieren sich EU-weit auf jährlich bis zu 157 Milliarden Euro, was rund 1 % des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Bioregionalität entpuppt sich dabei als ein noch ungenütztes Wirtschaftspotenzial. 

Verborgene Milliardenkosten: Die Folgen industrieller Landwirtschaft

Die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft sind nicht nur ökologisch problematisch, sondern auch mit enormen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden. Kosten, die der Allgemeinheit meist gar nicht bewusst sind, aber dennoch über Steuern bezahlt werden müssen. Der Begriff Kostenwahrheit befasst sich dabei eingehend mit dieser Problematik.

Besonders ins Gewicht fallen die Treibhausgasemissionen, die im Zuge industrieller Landwirtschaft entstehen. Etwa durch den großflächigen Einsatz von Kunstdüngern oder energieintensive Tierhaltung. Das Umweltbundesamt (UBA) schätzt die externen Kosten für Treibhausgasemissionen der europäischen Landwirtschaft auf etwa 77 Milliarden Euro pro Jahr, wenn man einen Preis von 180 Euro pro Tonne CO₂-Äquivalent ansetzt.

Verlust der Artenvielfalt, Wasser- und Luftverschmutzung

Doch damit nicht genug: Der Verlust der Artenvielfalt, der durch Monokulturen, Pestizideinsatz und die Zerstörung natürlicher Lebensräume voranschreitet, belastet die EU mit weiteren 5 bis 10 Milliarden Euro jährlich, wie die ETÖ herausgefunden hat. Hinzu kommen schwerwiegende ökologische Folgen wie Wasser- und Luftverschmutzung, etwa durch Nitrat- und Ammoniakemissionen, die die öffentliche Hand mit zusätzlichen 4 bis 10 Milliarden Euro pro Jahr kompensieren muss. Nicht zuletzt trägt auch der Einsatz gesundheitsschädlicher Pestizide zur Belastung der Sozialsysteme bei – mit geschätzten Folgekosten von 2 bis 5 Milliarden Euro jährlich, etwa durch erhöhte Krankheitsrisiken und Behandlungskosten.

Kosten, die auf keiner Rechnung stehen

All diese Zahlen haben eines gemeinsam: Sie tauchen auf keinem Kassenzettel auf. Trotzdem betreffen sie uns alle. Denn sie verschwinden nicht einfach so, sondern werden indirekt über Steuern, Sozialabgaben und staatliche Ausgleichsleistungen von der gesamten Bevölkerung mitfinanziert. Diese versteckten Kosten machen deutlich, wie teuer die industrielle Landwirtschaft langfristig für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft tatsächlich ist.

Bioregionale Landwirtschaft: Ein unterschätztes Wirtschaftspotenzial

Diesen versteckten Kosten steht ein beeindruckendes Einspar- und Wertschöpfungspotenzial gegenüber – und zwar durch eine kontrolliert biologische und regionale Lebensmittelproduktion. Während die industrielle Landwirtschaft hohe Folgekosten verursacht, zeigt sich bei bioregionalen Ansätzen das genaue Gegenteil: Sie leisten nicht nur einen wertvollen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz, sondern eröffnen auch enorme wirtschaftliche Chancen für Gesellschaft und Staat.

Ein zentraler Aspekt ist der Erhalt der Artenvielfalt. Biodiversität ist ein fundamentales Element gesunder Ökosysteme. Sie sorgt für funktionierende Kreisläufe, natürliche Schädlingsbekämpfung und eine stabile Landwirtschaft. Studien zeigen, dass Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt – wie Fruchtwechsel, Heckenpflanzung oder der Verzicht auf Pestizide – in der EU einen geschätzten gesamtgesellschaftlichen Nutzen von bis zu 15 Milliarden Euro pro Jahr bringen können.

Bioregionale Landwirtschaft: Böden und sauberes Wasser

Auch der Zustand unserer Böden profitiert enorm von biologischer Landwirtschaft. Gesunde, humusreiche Böden sind nicht nur fruchtbarer und widerstandsfähiger gegenüber Erosion und Extremwetter, sondern binden auch aktiv CO₂ aus der Atmosphäre. Dadurch leisten sie einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz. Die ökonomischen Einsparungen durch eine verbesserte Bodenqualität und Kohlenstoffbindung werden von der ETÖ auf 5 bis 15 Milliarden Euro jährlich geschätzt.

Sauberes Wasser ist ein weiteres zentrales Ergebnis nachhaltiger Landwirtschaft. Durch den Verzicht auf chemische Düngemittel und Pestizide gelangen deutlich weniger Schadstoffe ins Grund- und Oberflächenwasser. Das reduziert nicht nur die Kosten für Trinkwasseraufbereitung, sondern schützt auch empfindliche Ökosysteme. Gut zu wissen: Gesunde Böden mit höherem Humusanteil können mehr Wasser speichern – 1 % mehr Humus bindet zusätzlich 40 Liter Wasser pro Quadratmeter. Dies mindert Erosion und verbessert die Resilienz gegen Dürren.

Mehr regionale Lebensmittel = mehr Jobs

Hinzu kommt: Eine gestärkte, regionale Landwirtschaft fördert die Wertschöpfung in ländlichen Regionen, sichert Arbeitsplätze und stärkt die lokale Wirtschaft – mit einem geschätzten Mehrwert von mehreren Milliarden Euro jährlich. In der Steiermark zum Beispiel könnten, laut Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher, 1 % mehr regionale Lebensmittel etwa 500 neue Jobs und 18 Mio. Euro zusätzliche Wertschöpfung generieren.

Kostenwahrheit und Bioregionale Landwirtschaft

Die bioregionale Landwirtschaft ist weit mehr als eine wirtschaftliche Nische. Sie ist ein zukunftsfähiger Wirtschaftsfaktor, der das Potenzial hat, sowohl öffentliche Ausgaben zu senken als auch gesellschaftlichen Nutzen zu schaffen – für Klima, Natur und die nächsten Generationen. Eine bioregionale Landwirtschaft ist dabei nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch volkswirtschaftlich ein Gewinn.

Eine transparente Darstellung der tatsächlichen Kosten und eine Förderung nachhaltiger und biologischer Lebensmittelproduktion wären ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechten und zukunftsfähigen Ernährungspolitik, die nicht nur der Umwelt gut tut, sondern vor allem auch wirtschaftlich erfolgreich operiert.


Titelbild @ Wanasanan Phonnaun via unsplash (Zugriff 24.04.2025)