Anspruch und Realität klaffen auseinander
LINZ. Viele Menschen in Österreich äußern den Wunsch, umweltfreundlich einzukaufen, doch die Praxis zeigt oft ein anderes Bild. Fast die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihre Überzeugungen nicht immer mit ihrem tatsächlichen Einkaufsverhalten übereinstimmen.
Kriterien, die beim Einkauf wichtig erscheinen
Tierwohlstandards bei Milch und Fleisch, Brot vom lokalen Bäcker, fair gehandelter Kaffee und Schokolade sowie umweltfreundlich produzierte Kleidung ohne Kinderarbeit: Diese Faktoren gelten für viele KonsumentInnen als entscheidend. Dennoch weichen ihre tatsächlichen Kaufentscheidungen häufig davon ab, wie eine Studie des Instituts für Absatz, Handel und Marketing (IHaM) an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) zeigt. 1000 Personen wurden online befragt.
Wahrnehmung des eigenen und fremden Verhaltens
Fast 47 Prozent der Befragten geben zu, dass ihre Prinzipien und ihr Einkaufsverhalten nicht immer im Einklang stehen. Gleichzeitig schätzen 72 Prozent, dass auch andere Menschen ähnlich inkonsequent sind.
Preis bleibt entscheidendes Kriterium
Obwohl für 47 Prozent der ÖsterreicherInnen Regionalität beim Einkauf wichtig ist, bleibt der Preis am Ende oft das entscheidende Kriterium. Diesen Widerspruch sehen 66 Prozent auch bei anderen KonsumentInnen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Bio-Produkten: 47 Prozent würden diese grundsätzlich bevorzugen, greifen jedoch häufig zu konventioneller Ware. Auch beim Kauf umweltfreundlicher Produkte zeigt sich dieser Widerspruch.
Begründete Scheinheiligkeit und die Macht der Konsumenten
Rund 49 Prozent der Befragten bevorzugen Markenartikel, entscheiden sich beim Einkauf jedoch oft für günstigere Handelsmarken. „Die Studie macht deutlich, dass Bio, Regionalität und faire Produktion in den Köpfen der Menschen präsent sind“, erklärt Christoph Teller, Vorstand des IHaM. „Allerdings werden diese Prinzipien noch nicht durchgängig umgesetzt.“ Dafür gibt es verschiedene Gründe: Viele KonsumentInnen sind gezwungen, angesichts steigender Lebenshaltungskosten auf preiswertere Produkte zurückzugreifen. Teller bezeichnet dies als „begründete Scheinheiligkeit“, ohne die KonsumentInnen dafür zu verurteilen. „Viele wollen nicht mehr Geld ausgeben, misstrauen den AnbieterInnen, möchten ihre gewohnten Einkaufsmuster nicht ändern oder haben keinen Zugang zu den entsprechenden Produkten“, so Teller. Die Studie soll eine Diskussion anregen: „Obwohl uns Qualität am Herzen liegt, spielt der Preis oft die entscheidende Rolle.“ KonsumentInnen haben jedoch die Macht, Veränderungen herbeizuführen: „Wenn sie konsequent Bio- oder regionale Produkte kaufen, wird das Angebot entsprechend steigen.“ Das Gleiche gilt für die Kritik an chinesischen OnlinehändlerInnen: „Das eigentliche Problem sind nicht die Plattformen selbst, sondern die Menschen, die dort einkaufen.“
Quelle: OÖNachrichten