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Biolebensmittel Engpässe! Der Bio-Markt boomt, doch die Produktion kann mit der steigenden Nachfrage kaum Schritt halten. Besonders in Deutschland erfreuen sich Fleisch, Milch und Eier aus biologischer Landwirtschaft großer Beliebtheit. Was wiederum zu einer verstärkten Nachfrage nach Importen aus Österreich führt. Einziges Problem an der Sache: die Zahl der Biobauern in Österreich schrumpft. 

Deutschland: Steigende Nachfrage nach biologischen Milchprodukten 

Die Nachfrage nach Bio-Käse und Milchprodukten wächst in Deutschland weiterhin stark, doch die begrenzte Verfügbarkeit von Biomilch stellt den Markt vor Herausforderungen. Während der Umsatz mit Biolebensmitteln 2024 um 5,7 % auf fast 17 Milliarden Euro stieg, legte Bio-Käse mit einem Plus von 13 % besonders stark zu. 

Trotz eines leichten Anstiegs der Bio-Käse-Produktion auf 67.200 Tonnen bleibt das Wachstum durch die begrenzte Rohstoffversorgung eingeschränkt. Nur 4,39 % der gesamten Milchanlieferung entfällt auf Biomilch, und der Anteil steigt nur langsam, da Umstellungen auf Bio ausbleiben und viele Landwirte in den Ruhestand gehen. 

Gleichzeitig verteuert sich Biomilch – der Preis stieg im Januar 2025 auf 62,1 Cent pro Liter. Auch das Wachstum der Ökoanbauflächen bleibt hinter den Zielen zurück, was vor allem in Bayern zu sehen ist, sodass das angestrebte 30 %-Ziel der Bayerischen Staatsregierung bis 2030 in weiter Ferne liegt. 

Biolebensmittel: Auch Engpässe in Biofleisch 

Auch in der Fleischproduktion wird die deutsche Rohstoffknappheit spürbar. Anton Juffinger, der in Thiersee wöchentlich 50 Tonnen Biofleisch und -wurst erzeugt, beliefert unter anderem die anspruchsvolle Gastronomie, aber auch deutsche Kantinen, Kindergärten, Handelsketten und den Fachhandel. 

Er sieht sich jedoch mit steigenden Preisen konfrontiert, da Biofleisch immer knapper wird. Wer an den Landwirten spare, riskiere so, im Wettbewerb mit der deutschen Wurstindustrie den Kürzeren zu ziehen. „Österreich muss aufpassen, nicht auf Rindern und ihrem Mist sitzen zu bleiben, während die Veredelung über die Grenze wandert.“, warnt Juffinger. 

Biolebensmittel Engpässe: Rückgang der Biolandwirtschaft in Österreich 

Nach einer zweijährigen Stagnationsphase erlebt der Markt für nachhaltige Lebensmittel nun wieder einen Wachstum, der den Prognosen zufolge auch länger anhalten soll. Der globale Markt für nachhaltige Lebensmittel wird 2025 voraussichtlich von $124,17 Milliarden (2024) auf $132,89 Milliarden anwachsen, mit einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 7,0 %. Bis 2029 wird ein weiterer Anstieg auf $172,84 Milliarden prognostiziert. Treiber dieses Wachstums sind ein gesteigertes Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz, die Nachfrage nach ethisch produzierten Lebensmitteln sowie Innovationen wie regenerative Landwirtschaft und pflanzenbasierte Alternativen. 

Das alles sind rosige Aussichten. Doch die Produktionskapazitäten können mit dieser Nachfrage nicht mithalten. In Deutschland fehlen Betriebe, die von konventioneller auf biologische Landwirtschaft umstellen, so Jan Plagge, Präsident des deutschen Bioverbandes Bioland dem Standard gegenüber. Er sieht Deutschland so in eine Versorgungslücke schlittern. 

Österreich stopft deutsche Versorgungslücke 

Durch diese Lücke steigt wiederum die deutsche Abhängigkeit von Importen aus Österreich. Was sich ganz gut für den Nachbarn Deutschlands anhört hat jedoch einige Problemstellen. Denn auch in Österreich schrumpft die Zahl der Biobauern. Seit 2022 haben rund 1.000 Betriebe aufgegeben, allein 2024 kündigten 351 ihre Bioverträge. Zudem nahm auch der Bio-Flächen-Anteil um 10.000 ha, das sind minus 1,5 %, ab und liegt nun bei 27,1 % oder 695.180 ha, wie agrarheute berichtet. 

Die Gründe sind vielfältig: Manche Landwirte kehren zur konventionellen Landwirtschaft zurück, andere verlassen den Sektor komplett. Zu niedrige Verkaufspreise bei gleichzeitig gestiegenen Betriebskosten, aber auch ein unzureichendes Betriebseinkommen für viele Biobauern zählen zu den großen Herausforderungen, die oft einfach nicht zu bewältigen sind. 

Biolebensmittel Engpässe: Fehlende Anreize für Biobauern 

Das wohl größte Problem: Die finanziellen Anreize für einen Umstieg auf Bio sind zu gering. Dass Biolebensmittel zeitweise sogar günstiger als konventionelle Produkte waren, hat viele Landwirte abgeschreckt, sich dem Mehraufwand der biologischen Produktion zu stellen. Zudem spiegelten Niedrigpreise im Handel nicht den realen Wert der Ware wider.  

Besonders in Westösterreich haben viele Betriebe wegen der verpflichtenden Weidehaltung den Rückzug angetreten. Diese Regelung, die bereits in Österreich zu Strukturveränderungen führte, dürfte künftig auch in Deutschland für eine Reduktion der Biomilchproduktion sorgen. 

Neues Regierungsprogramm als Schritt in die Richtige Richtung 

Sich der Problematik rund um die biologische Landwirtschaft bewusst, hat Österreich ein Regierungsprogramm vorgelegt, das unter anderem auch einen starken Fokus auf die Förderung der biologischen Landwirtschaft legt. Dabei soll bis 2027 der Bio-Flächenanteil Richtung 30 % gehen und unter Berücksichtigung der Entwicklung der Nachfrage ab 2030 auf 35 % weiter gesteigert werden. 

Das Kernstück des Programms beinhaltet eine ressortübergreifende Bio-Strategie („Bio-Aktionsprogramm Österreich“), die das bereits existierende Bio-Aktionsprogramm des Landwirtschaftsministeriums und dessen Ziele erweitern und in Zusammenarbeit mit allen notwendigen Akteurinnen und Akteuren organisiert werden soll – Wobei alle Sektoren, inklusive Konsumentinnen und Konsumenten bzw. Abnehmerinnen und Abnehmer, aktiv eingebunden werden sollen.  

Die Verfügbarkeit von biotauglichem Pflanzenvermehrungsmaterial soll durch Schwerpunktprojekte zur biologischen Saatgutzüchtung und Vermehrung von Saat- und Pflanzgut erhöht werden. Darüber hinaus wird ein „marktkonformer Ausbau“ mit flächen- und projektbezogenen Maßnahmen angestrebt.  

Bürokratieabbau und angemessene Honorierung der Leistungen der Biolandwirtschaft sollen den nachhaltigen Weg ökonomisch attraktiver machen. Weiters sollen die Zulassungsverfahren für neue Gentechnik strenger und Patente auf Saatgut verhindert werden. 

Biolebensmittel Engpässe: Abwanderung der Bio-Produkte droht 

Die immer größer werdende Nachfrage nach biologisch produzierten Produkten ist durchwegs zu begrüßen. Doch die begrenzte Anzahl der Bio-Produzenten führt langfristig zu einem Kampf um diese, der vor allem in Österreich – Europas Bio-Land Nummer Eins – dazu führen könnte, dass, anstatt die ebenfalls in Österreich gestiegene Nachfrage nach Bio-Waren zu decken, lieber in den deutschen Markt exportiert wird. Weil dort, im Vergleich zu Österreich, auch die Öffentlichkeit (als Großeinkäufer für Schulen, Krankenhäuser und Kantinen) sich am Biomarkt bedient und für Produzenten so auch eine bestimmte Absatzquote garantiert werden kann.  


Titelbild @ Markus Spiske via unsplash (Zugriff 17.03.2025)