Mensch und Rind

Die Geschichte der Menschheit ist untrennbar mit dem Rind verbunden. Wobei schon seit Jahrtausenden eine symbiotische Beziehung zwischen beiden besteht. Rinder lieferten dabei nicht nur Nahrung. Sondern wurden mit der Zeit zu wahrhaften Wegbereitern für Sesshaftigkeit, Landwirtschaft, Handel, Religion und gesellschaftliche Ordnung. Der Mensch ermöglichte dem Rind Schutz und Vermehrung – das Rind wiederum schenkte dem Menschen Mobilität, Fruchtbarkeit der Böden und kulturelle Identität. Besonders in der biologischen Landwirtschaft zeigt sich heute wieder, wie wertvoll diese Verbindung für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen ist. Der folgende Text zeichnet die Entwicklung dieser tiefen Beziehung nach – von ihren Ursprüngen in der neolithischen Revolution bis hin zur modernen ökologischen Landwirtschaft. 

Rinderzucht: Die neolithische Revolution 

Der Ursprung der Domestizierung von Rindern kann bis in die frühen landwirtschaftlichen Siedlungen der fruchtbaren Halbmond-Region in Südwestasien zurück, und auf das neunte Jahrtausend v. Chr. datiert werden. Eine Periode, die als Präkeramisches Neolithikum B bezeichnet wird. 

Die zu diesem Zeitpunkt an ansetzende Nutzbarmachung der Rinder ermöglichte es dem Menschen erst, sesshafte Gemeinschaften zu bilden und sich an bestimmten Orten niederzulassen. Was sich recht simpel anhört ist jedoch in der Geschichte der Menschheit eine waschechte Revolution. Diese „neolithische Revolution“ bezeichnet den Übergang vom Jäger- und Sammlerleben des Menschen zum sesshaften Leben als Viehzüchter. Dieser Umbruch in der menschlichen Geschichte veränderte für immer, wie wir leben, essen und miteinander interagieren. 

Kulturhistorische Verbindung zwischen Mensch und Rind 

Rinder dienten dabei jedoch nicht nur als Nahrungsquelle, sondern auch als Arbeitskraft in der Landwirtschaft, was die Produktivität steigerte und die Entwicklung komplexer Gesellschaften förderte. Doch die kulturhistorische Verbindung zwischen Mensch und Rind beschränkt sich nicht nur auf die Landwirtschaft allein. Sondern prägte auch religiöse, soziale und wirtschaftliche Strukturen vieler Zivilisationen. In nicht wenigen Kulturen (u.a. Ägypten, Hinduismus, Minoische Kultur) werden Rinder auch heute noch als heilige Tiere verehrt. 

Darüber hinaus erfüllten Rinder auch eine soziale Funktion und waren oftmals auch Symbol für Wohlstand und den sozialen Status. In vielen Gesellschaften wurde der Reichtum eines Menschen an der Anzahl seiner Rinder gemessen. Darüber hinaus dienten sie in einigen Kulturen als Zahlungsmittel oder Handelsware, was ihre wirtschaftliche Bedeutung weiter unterstreicht. 

Abseits des Sesshaftigkeit spielten Rinder aber auch eine wichtige Rolle für den Transport und den Krieg – ein leider doch recht essenzielles Phänomen menschlicher Geschichte. Mit Hilfe der Viehzucht im allgemeinen, aber auch der Rinder im speziellen konnten antike Reiche erst so richtig expandieren, da Rinder den Transport von Gütern über große Distanzen gewährleisten konnten und darüber hinaus den Armeen als Nahrungsvorrat dienten. 

Ackerbau und Viehzucht: der Dünger 

Bis ins 20. Jahrhundert waren auch Ackerbau und Viehzucht untrennbar miteinander verbunden. Rindermist diente damals als einziger Dünger und Kühe wurden nicht nur zur Arbeit, sondern auch zur Düngemittelproduktion gehalten. Der Mist spielte dabei eine zentrale Rolle im natürlichen Nährstoffkreislauf, indem er auf natürliche Weise Humus bildete und den Boden fruchtbar hielt.  

Dieser Kreislauf war ökologisch sinnvoll und funktionierte ohne externen Energieaufwand. Heute ist dieser Kreislauf durch industrielle Tierhaltung gestört: Futter wird oft aus dem Ausland importiert, während die Gülle hierzulande in riesigen Mengen anfällt und zu Umweltproblemen wie Nitratbelastung, Treibhausgasen und Gesundheitsrisiken führt. Damit wird der ursprünglich nachhaltige Kreislauf zu einem globalen Ungleichgewicht mit ernsten ökologischen und sozialen Folgen.  

Der Dünger in der biologischen Landwirtschaft 

Rinder verwerten Gras und Leguminosen und liefern neben Fleisch und Milch auch Mist und Gülle, die in der Bio-Landwirtschaft als wertvolle Stickstoffdünger dienen – da dort keine synthetischen Dünger erlaubt sind. Alternativen wie Hühnermist-Pellets sind zwar verfügbar, jedoch teuer und aufwendig in Herstellung und Transport. Wirtschaftsdünger wird entweder im Stall gesammelt oder direkt auf Weideflächen ausgebracht. Besonders durch mehrjährige Ackerweiden kann Humus aufgebaut werden, der später von nährstoffzehrenden Kulturen wie Kartoffeln oder Getreide genutzt wird. Eine abwechslungsreiche Fruchtfolge ist daher essenziell, um Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und Problemen wie Nährstoffmangel, Schädlingen oder Beikräutern vorzubeugen. 

 


Titelbild @ Orosz Razvan via unsplash (Zugriff 16.04.2025)