Ein Streitgespräch zwischen dem Biolandwirt Hannes Royer und Ivo Rzegotta vom Good Food Institute hat kürzlich die Gemüter erhitzt. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage: Könnte kultiviertes Fleisch in Österreich die traditionelle Landwirtschaft ergänzen oder gar ersetzen? Während das Thema Laborfleisch hierzulande noch weitgehend Zukunftsmusik ist, zeigt die Debatte, wie kontrovers die Technologie bereits diskutiert wird.

Die Argumente der Kritiker: Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft

Hannes Royer, Obmann des Vereins Land schafft Leben, äußerte seine Besorgnis, dass Laborfleisch vor allem kleinstrukturierte Betriebe gefährden könnte. „Laborfleisch wird nicht von bäuerlichen Familienbetrieben, sondern von Industrien produziert“, betont Royer. Dies sei besonders problematisch in einem Land wie Österreich, dessen Landwirtschaft stark von kleinen, oft familiengeführten Betrieben geprägt ist.

Royer kritisiert zudem die Auswirkungen auf die Kreislaufwirtschaft. „Wenn Tiere wegfallen, fehlt auch ihr Beitrag zur Düngemittelproduktion. Wie düngen wir dann künftig unsere Felder?“ Die Argumentation, dass Laborfleisch umweltfreundlicher sei, hält er nur bedingt für gerechtfertigt: „Der Energiebedarf für die Bioreaktoren ist enorm hoch, was die Klimabilanz negativ beeinflusst.“

Die Perspektive der Befürworter: Nachhaltigkeit und neue Chancen

Ivo Rzegotta vom Good Food Institute argumentiert hingegen, dass kultiviertes Fleisch die Tierhaltung nicht vollständig ersetzen, sondern ergänzen soll, insbesondere um die Massentierhaltung abzulösen. Studien zeigen, dass Laborfleisch bei nachhaltiger Energieversorgung deutlich weniger Emissionen und Landverbrauch verursacht als herkömmliche Fleischproduktion. Rzegotta sieht zudem Chancen für Landwirte: „Die Nährlösung für die Zellkulturen erfordert pflanzliche Rohstoffe. Das könnte neue Einkommensquellen schaffen.“

Er weist auch darauf hin, dass die Technologie weiterentwickelt werden kann: „Wie bei der ersten Solarzelle gibt es noch viel Potenzial, die Effizienz zu steigern.“ Außerdem könnte Laborfleisch den Markt für Mischprodukte bereichern, bei denen es mit pflanzlichen Alternativen kombiniert wird.

Fazit: Eine Zukunft voller Fragen

Die Diskussion zeigt, dass Laborfleisch eine potenziell disruptive Technologie ist, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich bringt. Für Österreich stellt sich die Frage, wie die bäuerliche Landwirtschaft in einer möglichen Zukunft mit kultiviertem Fleisch bestehen kann. Konsumenten, Politik und Forschung sind gleichermaßen gefragt, um eine nachhaltige Lösung zu finden, die sowohl Innovation als auch Tradition berücksichtigt.

Die Kontroverse verdeutlicht einmal mehr, dass die Ernährung der Zukunft uns alle betrifft und zum Nachdenken über unser eigenes Konsumverhalten anregt.

Quelle: Der Standard